52 STERNSCHNUPPEN GEGEN DIE RASTSTÄTTE

17.8.2021 Der Himmel meinte es gut mit den Mitgliedern der Bürgerinitiative Potsdamer Norden (BI), die sich am vergangenen Samstagabend in Paaren trafen, um dem Sternschnuppen-Regen der Perseiden zuzuschauen. Der Sternenhimmel spannte sich wie eine Kuppel über das Dorf. „Die Bedingungen waren ideal“, sagte Frank Dionies, der in Paaren wohnt und am Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam arbeitet, „ein sternenklarer Himmel, wenig Mondlicht, und bisher kaum Lichtverschmutzung“. Dionies stellte sein privates Telekop zur Verfügung, durch das die BI-Mitglieder auch die Monde des Jupiter und die Ringe des Saturn anschauten. „Wenn im Osten der Lichtkegel einer riesigen Rastanlage zu sehen wäre, ist es mit dem Sternegucken hier im Potsdamer Norden vorbei“, sagt Dionies. 

Die zunehmende Lichtverschmutzung ist ein deutschland- und weltweites Problem. Experten schätzen, dass der Nachthimmel in Deutschland jedes Jahr um zwei Prozent heller wird, mit kaum absehbaren Folgen auf die Ökosysteme. In einer unlängst im Fachmagazin Nature Ecology and Evolutionveröffentlichte Metastudie der Universität Exeter wurde beschrieben, dass die Zunahme der Helligkeit Auswirkungen auf den Hormonspiegel, das Fortpflanzungssystem und die Aktivitätsmuster aller Lebewesen hat – von Mikroben über wirbellose Tiere bis hin zu Säugetieren und Pflanzen. Die Forscher forderten dazu auf, über Lichtverschmutzung „so nachzudenken, wie wir über andere große Systembelastungen wie den Klimawandel nachdenken“, so Hauptautor Kevin Gaston gegenüber dem Guardian. Lichtverschmutzung wird auch als wichtiger Faktor für das Insektensterben diskutiert. Rund 70 % aller Insektenarten in Deutschland sind nachtaktiv, und viele werden von hell leuchtenden Lichtquellen angezogen. Der Effekt ist um so größer, je dunkler eine Region ist. Eine Raststätte in einer bisher dunklen Umgebung hat potenziell massive Auswirkungen auf die dort vorhandenen Ökosysteme – und zwar auch dann, wenn eine insektenfreundliche Beleuchtung geplant wird (siehe Interview).

Frank Dionies hofft nun, dass die Einwendungen gegen die Raststätte im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens Erfolg haben und den Neubau an diesem Standort verhindern. Er hat vor, in seinem Garten ein größeres Teleskop für Himmelsbeobachtungen zu bauen. Die Zahl der am Samstag beobachteten Sternschnuppen gibt Anlass zur Hoffnung: 52 Sternschnuppen zählten die BI-Mitglieder. Genügend Wünsche, damit der dunkle Nachthimmel erhalten bleibt.